Rickmer Rickmers
Sigrid Westphal-Hellbusch, die Vorgängerin von Frau PD Dr. Ingrid Schindlbeck, der heutigen Kuratorin der Abteilung , schreibt in dem Buch „Hundert Jahre Museum für Völkerkunde“, die größte Bereicherung hat die Abteilung (heute Abteilung Islamischer Orient) durch Geschenke von W. Rickmers erfahren. … Eine letzte Schenkung von 187 Gegenständen aus Buchara und Shugan erhielt das Museum 1914.
Wer war dieser großzügige Spender?
Willy Gustav Rickmer Rickmers wurde am 1. Mai 1873 in Lehe bei Bremen geboren. Sein Vater war Kaufmann und Unternehmer, und er war nicht – wie oft fälschlich behauptet – Reedereibesitzer.
Der plötzliche Tod seines Vaters unterbrach seine Ausbildung und sein Onkel schickte ihn nach London zur Ausbildung in dessen Geschäft.
Den Entschluss, nicht weiter dem vorgezeichneten Weg eines hanseatischen Kaufmanns zu folgen, fasste Rickmers 1893. In Wien immatrikulierte er sich in den Fächern Geologie, Botanik und Zoologie. In Wien nahm auch seine Asienbegeisterung ihren Ausgang. Eine Wanderung im Kaukasus mit einem russischen Freund nutzte er für einen Abstecher nach Buchara. Die dortigen Eindrücke haben ihn so begeistert, so dass er schon 1895/96 den Winter in Buchara verbrachte. Spätestens 1896 im Sommer fand auch der erste Kontakt zum Museum statt. Auf seinem Rückweg übergab er am 23. 12. 1896 die ersten Sammlungsobjekte an das Museum. Sein Kontaktpartner im Museum war von Anfang an Albert Grünwedel, der spätere Direktor der Indischen Abteilung und Initiator der 4 Turfan-Expeditionen nach Chinesisch Turkestan (1902-1914).
Als er 1928, nach längerer Zeit, wieder nach Buchara reiste, war er sehr enttäuscht, weil „alle Handarbeiten schmecken schon auf 10 Meter Abstand nach Touristenschund.“
Und 1930 schreibt er, dass er sich nichts aufs Kaufen und Schenken einbildet, sondern nur darauf, dass ich rechtzeitig gekauft und geschenkt habe, rettend , was noch zu retten war.
Wenig ist über Rickmers weiteres Leben bekannt. 1930 erfüllt sich ein alter Traum und das Ehepaar siedelt nach München über. Weitere Reisen in den West-Kaukasus, nach Bulgarien und nach England sind bekannt.
1939 starb seine Ehefrau Mabel Duff, die ihn auf allen Reisen begleitet hatte.
Am 15. Juni 1965 ist er im Alter von 92 Jahren in München gestorben.
Eine ausführliche Darstellung des Lebens und Wirkens von Rickmers ist in der Publikation „Die Sammlung Rickmers“ von Robert Pinner (ursprünglich auf Englisch) in der Bibliothek des Ethnologischen Museums zu finden. Die Bibliothek ist auch während der Schließung des Museums geöffnet.
100 Jahre Völkerkundemuseum (1977) und Die Sammlung Rickmers
Der hier gezeigte Behang für eine Jurtentür, der Tekke-Turkmenen, wahrscheinlich Merv, Turkmenistan, 2. Hälfte 19. Jhd., Wolle, Kamelhaar, B 115 cm, erworben 1903 von Willi Rickmer Rickmers, ist ein typisches Beispiel für turkmenische Teppiche.
Bereits unter russischer Vorherrschaft, Ende des 19. Jahrhunderts, wurden turkmenische Teppiche für den Export gewebt. Seither spielt der internationale Teppichhandel eine Rolle für ethnisches Bewusstsein und national Identität im heutigen Turkmenistan.